Pilates Grundhaltung
Eine ergonomische Grundhaltung vereint alle Prinzipien der Pilates Trainingsmethode. Sie sollte jedoch die Basis für jede Form der Bewegung sein.
Bereits das Stehen stellt für den Menschen ein labiles Gleichgewicht dar, welches immer wieder neu erworben werden muss. Unser Körper ist aus diesem Grund nie völlig regungslos – mit Hilfe von Muskeln, Sehnen und Bändern werden Gelenke, Wirbelsäule und Kopf ständig ausbalanciert und stabilisiert.
Das regelmäßige Training nach der Pilates Methode verbessert die Fähigkeit, Bewegung durch die intrinsischen (tiefliegenden) Muskeln initiieren zu können. So kann ein ausgeglichenes Spannungsverhältnis zwischen der intrinsischen und extrinsischen Muskulatur entstehen.
Für einen ökonomischen Kräftehaushalt ist ein ausbalanciertes Verhältnis der Muskulatur von Körpervorder- und Rückseite ebenso wichtig, wie eine gute Flexibilität des Binde- und Muskelgewebes.
Ziel ist es, das Gewicht des Körpers ohne Kompensation und mit wenig aktiver Muskelkraft tragen zu können. Voraussetzung für ein ökonomisches Gleichgewicht ist eine gute Beweglichkeit des Rumpfes. Hierfür müssen alle Gelenkstrukturen unseres Körpers so übereinander angeordnet sein, dass die Längsachse des Körpers annähernd mit der Schwerkraftlinie zusammen fällt. Neben einem Gelenk- und auch Muskelschonenden Körpertraining, wird so die Funktionalität der Muskulatur optimiert.
Der Körper stellt ein geschlossenes System dar; ist ein Teil nicht in der richtigen Position, verändert das die ganze Struktur. Stell dir ein Haus mit schiefem Fundament vor, bei dem die Stabilität natürlich beeinträchtigt sein wird. Das hat auch Auswirkungen auf das <<Innenleben>> des Gebäudes, etwa das Leitungssystem der Elektro- und Wasserversorgung.
Das allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden werden von der Haltung beeinflusst.
„Contrology ist eine vollständige Koordinierung von Körper, Verstand und Geist. Durch Contrology erwerben Sie als erstes eine zweckorientierte vollständige Kontrolle über Ihren eigenen Körper und dann durch richtige Wiederholung der Ausführungen allmählich und schrittweise den natürlichen Rhythmus und die Koordination, verbunden mit all Ihren Aktivitäten im Unterbewußtsein.“ J.H. Pilates
J.H. Pilates baute seine Methode auf der Idee der Körperkontrolle und Bewusstwerdung auf. Nachlässige, unkontrollierte und nicht muskelgeführte Bewegungen sind die Hauptursache für Verletzungen in vielen Sportarten.
Pilates Übungen müssen mit äußerster Kontrolle ausgeführt werden, um Verletzungen zu vermeiden und positive Ergebnisse zu erhalten. Pilates-Übungen werden nicht zum Selbstzweck durchgeführt, jede Bewegung hat eine bestimmte Funktion, dabei steht die Kontrolle im Mittelpunkt.
Jede Bewegung sollte langsam und kontrolliert durchgeführt werden. Je schneller die die Übung ausgeführt wird, desto weniger Muskeln sind an der Durchführung beteiligt! Die meisten Pilates-Übungen werden nicht gehalten (statisch), sondern sie werden langsam, kontinuierlich und mit voller Konzentration auf die Körperkontrolle durchgeführt.
Der von Pilates verwendete Begriff CONTROLOGY, der erste Name für die Pilates Methode, lässt sich nicht einfach mit Körperbeherrschung gleichsetzen. Pilates fordert die Kontrolle über den Körper und den Geist. Jede Bewegung sollte mental bewusst und kontrolliert geplant werden. Da nichts dem Zufall überlassen wird, verringert sich das Verletzungsrisiko ganz erheblich, außerdem wird der Körper für den Alltag trainiert, wie es Athleten vor einem Wettkampf tun. Diese Kontrolle über den Körper und über die einzelnen Bewegungen einer Übung muss man erst einmal geduldig trainieren.
The Elders / First Generation
Die „Fünf Elders“: Mary Bowen, Ron Fletcher, Kathy Grant, Romana Kryzanowska, Lolita San Miguel wurden von Joseph und Clara Pilates trainiert und arbeiteten als Trainer im Pilates Studio in New York zwischen 1940 und 1960. Alle waren Künstler (Tänzer, Schauspieler …), die die Methode von Uncle Joe nutzten, um ihre Körper von Verletzungen zu befreien, die in ihren körperlich sehr anstrengenden Berufen alltäglich waren.
Da Joseph Pilates sich zu Lebzeiten dagegen verwehrte, das Oberhaupt einer Organisation zu werden, bestand 1967, als er starb, die Gefahr, dass Pilates als Spezialmethode von Tänzern und Athleten und ein paar wenigen Kunden (Broker), die sein Studio regelmäßig besuchten, langsam in Vergessenheit geraten könnte. Aber die aufsehenerregenden Ergebnisse, die die erste Generation durch Pilates in ihren eigenen Körpern erfahren hatte, gepaart mit einer einzigartigen Leidenschaft, führte zu einer Berühmtheit der Pilates-Methode weit über die Grenzen von New York hinaus.
Alle „Fünf“ sind verbunden durch den Wunsch, Joes Arbeit und Methode zu bewahren und zu verbreiten, obwohl alle Elders – kämpferische Einzelindividuen in den 70 und 80ern – nicht immer die gleichen Ansichten teilen. Die gegenseitige Ablehnung und Feindseligkeit kann man in den zahlreichen Rechtstreitigkeiten um das Markenzeichen Pilates verfolgen, welche Romana und ihre Kollegen entzweit. Jedoch stimmen alle darin überein, dass Joe entsetzt und traurig wäre, zu sehen wie sein Lebenswerk einem Millionen Dollar Commerce (Bücher, DVD, Ausbildungen…) zum Opfer gefallen ist, seine Prinzipien unverstanden für finanziellen Profit missbraucht werden.
Sie erinnern sich, als Joe damals von den Ärzten ausgelacht wurde für seine verrückten Ideen, die jetzt als innovativ und wissenschaftlich gelten. Die 5 Lehrer, die direkt von der Quelle lernten, betonen, dass Joe ungeachtet des nachträglichen Erfolgs, die eigentlichen Lifestyle Prinzipen, die er vermitteln wollte, vermissen würde und seine Methode zu sehr als reines Trainingssystem umgestaltet und degradiert zu sehen. In dem starken Willen, das Original von Joe’s Ideen weiterzuvermitteln und die Philosophie zu verbreiten, arbeiten alle 5 in einem sehr hohen Alter weiter (Romana ist 82 Jahre alt), während sich andere schon längst zur Ruhe gesetzt hätten. Sie sind der lebende Beweis dafür, dass Pilates verjüngt und den Körper und Geist gesund hält, während eines langen aktiven Lebens.
Romana Kryzanowska:
Unter ihresgleichen wird die 82 jährige als hart und launenhaft beschrieben, aber ohne sie würde Pilates nicht in der heutigen Form existieren.
Sie begann das Tanzen als Teenager und studierte anschließend Tanz an der School of Amercan Ballet in New York. 1941 hatte sie eine Verletzung am Fußknöchel und sie wurde ein paar Jahre von Joe und Clara trainiert. Sie verließ New York für 15 Jahre, um mit ihrem Mann in Peru zu leben.
Nach ihrer Rückkehr fuhr sie fort, regelmäßig im Pilates Studio von Joe zu arbeiten, sowie zusammen mit Kathy Grant im Studio von Carola Trier, einer Gefährtin/Kollegin/Freundin von Joe.
Ein paar Jahre nach Joe’s Tod konnte Clara nicht länger das Studio alleine leiten und sie ernannte Romana als Direktorin, um Joe’s und ihre Arbeit weiter fortzuführen. Romana ist laut eigener Darstellung eine starre Lehrmeisterin, die den Gedanken verfolgt, dass Pilates ein herausforderndes Workout ist, das von jedem/jeder durchgeführt werden kann. Sie behielt alle Aspekte der Praxis bei, Geräte eingeschlossen. Da Joe alle seine Geräte selbst baute, schloß Romana einen Vertrag mit Gratz Industries, dem ersten Hersteller der Joe’s Original Design replizierte.
Romana hat eine hervorragende Reputation und ist sehr erfolgreich, Trainer aus aller Welt kommen zu ihr, um so nah wie möglich das Original zu lernen. Natürlich gibt es kleine Unterschiede allein dadurch, dass Romana’s Charakter und ihr Tanzhintergrund in die Methode mit einfließt. Joe hatte keinen Tanzhintergrund. Joe war mehr an Stärke das Körpers und Gesundheit interessiert. Er war Boxer und Kämpfer und interessierte sich sehr für die therapeutischen Aspekte des Trainings, die Romana überhaupt nicht interessieren, sie würde sagen: „I’m not running a hospital“, obwohl sie sehr gut mit Menschen umzugehen weiß, die bereits kleine Probleme mit dem Körper haben. Joe war ein kraftvoller Athlet, er trainierte mit viel Gewicht und hatte viele männliche Kunden, wohingegen Romana mit Tänzern die Rhythmen der Übungen erarbeitete und die Musikalität einbrachte.
Vor kurzem zog sie nach Texas in den Teilruhestand um, denn selbst jetzt reist sie noch häufig um die Welt, um den Wirkungsbereich ihrer Arbeit zu vergrößern.
In New York gründete sie Romana’s Pilates (Pilates Studio, in dem neue Trainer ausgebildet werden), und sie lässt es sich bis heute nicht nehmen, letztendlich selbst zu entscheiden, ob jemand ihre Vorstellung von Pilates unterrichten kann; ihre Tochter Sari und sie sind die einzigen, die die End-Zertifizierungsprüfungen abnehmen.
Kathy Grant
Ihre Karriere begann in ihrer Heimatstadt Boston, wo sie Tanzklassen besuchte. Dann tanzte sie in verschieden Clubs in New York und auf dem Broadway. 1955 kam sie zu Joe und Clara mit einer Knieverletzung mit dem Wunsch ein athletisches Training zu machen.
Sie mochte Fitness Studios, um aktiv und stark zu sein, aber in den 50er Jahren waren Frauen dort nicht gern gesehen. Joe arbeitete häufig mit Männern und Frauen. Neuerdings erst wird Pilates oft als Training für Frauen gesehen.
Kathy versteht die Pilates Methode als eine Vorbereitung für alles, was im Leben passieren könnte: „A Way of keeping your body ready for anything“, „the preparation for the unexpected“. Sie sagt, wenn man mit dem Auto liegen bleibt und 10 Miles zu Fuß laufen muss, dann ist man in der Lage, dies zu tun, der Körper ist vorbereitet. Egal was das Leben einfordert, man ist durch Pilates vorbereitet. Die inzwischen 84 jährige führt auch heute noch einen wunderschönen „Teaser“ aus.
Kathy Grant’s Studio in New York ist eine Reise durch die Geschichte. Dort hängen Originalfotografien von Joe, während er seine Übungen absolviert, und die Original Pilates Studiogeräte, die Joe eigenhändig baute.
Sie war eine von nur 2 Empfängern der „New York State instructor certification in the Pilates Method“ zu Joe’s Lebzeiten, die sie als Assistentin mit Romana zusammen im Studio von Carola Trier Mitte der 60er Jahre erhielt.
Ron Fletcher
1944 verließ Ron Fletcher seine Heimat Missouri, ging nach New York und studierte Tanz mit Martha Graham. Nach einiger Zeit stellten sich Knieprobleme ein, die ihn 1946 zu Joe führten. Durch Pilates war er nicht nur in der Lage, wieder für Martha Graham zu tanzen, sondern er tanzte in Musicals in London und New York und wurde ein erfolgreicher Choreograph, arbeitete mit Marlene Dietrich, Josephine Baker…
Durch seinen Lebenswandel und die vielen Reisen alkoholabhängig geworden, begleitete Pilates ihn während seiner Therapie.
Clara stütze ihn viel in dieser Zeit und während dieser Gespräche kam die Idee auf, die Methode nach Kalifornien zu bringen, wo er dann 1971 das erste Pilates Studio in Beverly Hills eröffnete. Er lässt die Choreographie-Idee, und etwas das er Towelwork nennt, ins Pilatestraining mit einfließen. Für ihn muss Pilates eine Performance/Vorstellung sein, gefüllt mit Lebendigkeit und Geist. Der Körper soll das Wunder fühlen.
Er ist nun 84 Jahre alt, lebt in Texas und seine Teilhaber/Kollegen Kyria Sabin und Pat Guyton, führen seineTteachter-training Studios in Arizona und Colorado.
Lolita San Miguel
In New York geboren und aufgewachsen, arbeitete sie als Tänzerin für die Metroplitan Oper und Ballett und zog 1977 nach Puerto Rico um, weil ihr Mann dort ein Geschäft eröffnete.
Dort gründete sie eine Dance Company und unterrichtete vor jeder Ballettklasse „Barre work“, die Pilates Matten-Übungen. In ihren Zwanzigern hatte sie genauso wie Ron Fletcher und Kathy Grant eine Knieverletzung als Resultat ihrer Tanzkarriere.
Sie praktizierte Pilates 1958 mit Carola Trier, einer Schülerin von Joe, die ihr eigenes Studio in New York eröffnete. Nach jahrelangen Training und Zertifizierung als Pilatestrainerin begann Lolita 1966 ihre Arbeit mit Joe. 1 Jahr später erhielt sie neben Kathy Grant die New York State Instructor Certification, eine große Ehre.
Lolita fand es immer erstaunlich, dass Menschen die High School beenden können, ohne irgendetwas über ihren eigenen Körper zu wissen. Körperbewusstsein, die Fähigkeit in sich hineinzuhören – alles Fertigkeiten, die der Bevölkerung abhanden gekommen sind.
Seit 2004 leitet sie das Pilates Y Mas Studio in Puerto Rico, um sich völlig auf Pilates zu konzentrieren.
Mary Bowen
Anders als ihre vier Kollegen kam Mary nicht durch einen Tanzhintergrund zum Pilates. Sie war eine junge Schauspielerin und Komödiantin und hatte Rückenprobleme aufgrund ihres hektischen Stundenplans. Sie begann ihre Arbeit mit Joe 1959, diese dauerte 6 Jahre. Über die Jahre vertiefte sie ihr Wissen durch Arbeit mit Romana, Kathy, Bob Seed und Bruce King.
„Innerhalb von zwei Privatstunden fühlte ich, wie sich mein Rücken verbesserte“, sagt die heute 75 jährige.
Für sie war Pilates damals eine Offenbarung, eine Verbindung mit dem Körper herzustellen. Sie studierte ferner Psychoanalyse und beschloss, ihre Karriere auf beiden Gebieten fortzuführen. 1971 eröffnete sie ihre Psychotherapiepraxis und ihr eigenes Pilatesstudio 4 Jahre später in Massachusetts.
Mary entwickelte ihr Pilates Plus Psyche System, in dem Versuch, Bewegung und Unterbewusstsein miteinander zu verbinden.
Pilates ist eine Lebensphilosophie, die einen ein Leben lang begleitet. Auch sie verurteilt, das viele junge Kollegen die Botschaft Joe’s vergessen, dass Pilates mehr ist, als eine Reihe von Übungen zur Körperertüchtigung. Es ist ein „way of life“, wie man sitzt, wie man steht…
Sie sagte: „Pilates is really about inhabiting (bewohnen) your body as fully and completely as you can.”